VOX LUX

VOX LUX

Originaltitel: Vox Lux
Genre: Drama
Regie: Brady Corbet
Hauptdarsteller: Natalie Portman
Laufzeit: DVD (110 Min) • BD (115 Min)
Label: Koch Films GmbH
FSK 12

VOX LUX   15.06.2020 von Dan DeMento

Brady Corbet ist - wenn überhaupt - eher als Schauspieler bekannt. Zu sehen war er unter anderem in Melancholia oder While We´re Young. Mit VOX LUX liefert er seine zweite Regiearbeit ab und trumpft nicht nur mit Natalie Portman und Jude Law auf, sondern auch mit eigens von SIA geschriebenen Songs. Aber liefert das Drama mehr als Glitzerfassade und Popmusik? Wir haben uns die Sache angeschaut.
 
Inhalt:
 
Celeste (Raffey Cassidy) hat ihre Gedanken und Gefühle schon immer in Musik verpackt, die sie gemeinsam mit ihrer großen Schwester Eleanor (Stacy Martin) schreibt. Als sie schwer verletzt einen Amoklauf an ihrer Schule überlegt, verarbeitet sie auch diese Erfahrung in einem Song. Als die Trauerfeier im Fernsehen übertragen wird, rührt ihr Lied ganz Amerika und macht Celesta über Nacht zum Star. Alles beginnt wie ein großer Kindergeburtstag, doch spätestens als ihr Manager (Jude Law) eine ausgedehnte Europa-Tournee mit den beiden Mädchen aufzieht, kostet der Erfolg Celeste ihre kindliche Unschuld.
 
Knapp 20 Jahre später ist Celeste (jetzt Natalie Portman) gerade dabei, ihr großes Comeback vorzubereiten. Als sie erfährt, dass ihre Tochter Albertine (jetzt Raffey Cassidy), die bei Eleanor (immer noch Stacy Martin) lebt, ihre Unschuld verloren hat, muss sie sich überlegen, ob ihr Erfolg es rechtfertigt, ein weiteres Mädchen zu früh erwachsen werden zu lassen.
 
Die ersten 10 Minuten von VOX LUX gehören zu dem Besten, was ich in meinem filmischen Leben gesehen habe. Der Film nimmt weit Anlauf und springt einem mit beiden Beinen ungebremst in den Magen. Die Umsetzung des Amoklaufs ging mir in einem Maße an die Nieren, dass mir noch Minuten später die Luft wegblieb. Als wäre dem Regisseur das bewusst, folgt danach ein Vorspann, der nostalgisch überlang ist und in Kombination mit Bild und Musik an Lars von Trier oder Gaspar Noé erinnert.
 
Ich war hin und weg und hatte innerlich schon die 10 Punkte gezückt. Und dann? Und dann dreht sich der Film komplett und wird - ich kann es leider nicht anders formulieren - sterbenslangweilig. Das liegt nicht an der Geschichte an sich, sondern daran, wie sie erzählt wird. Primär gibt es von nun an Gelaber, Gelaufe und Gefahre zu sehen. Immer wieder mal taucht ein Hoffnungsschimmer am Horizont auf, immer wieder beginnt ein Handlungsstrang interessant zu werden, nur um fortan ignoriert zu werden. Das passiert so oft, dass es eigentlich Absicht gewesen sein muss. Falls dem so ist, verstehe ich die Intention dahinter nicht.
 
Während das noch Geschmackssache ist, kommen einfach viele Kleinigkeiten hinzu, die einem den Filmgenuss sehr erschweren. Regisseur Brady Corbet hat offensichtlich eine Vorliebe für Plansequenzen, also lange Einstellungen ohne Schnitt. Diese werden meistens von einer Erzählerstimme unterlegt, die im Original von Willen Dafoe gesprochen wird. So weit, so gut. Leider hat der Regisseur aber im seltensten Fall geschafft, Plansequenz und Erzähltext aufeinander abzustimmen. Das Resultat sind Zeitlupen oder Sprünge, die die an sich sehr schöne Idee leider komplett zunichtemachen.
 
Aber auch das wäre noch zu ertragen, und die erste Hälfte des Films ist auch noch absolut in Ordnung. Raffey Cassidy hat ja einige Übung als "junge Version der Hauptdarstellerin", so war sie schon in Snow White and the Huntsman die junge Kristen Stewart und in Dark Shadows die junge Eva Green. Und auch hier spielt sie die junge Celeste souverän und glaubwürdig. Und fürchterlich arrogant und unsympathisch, was aber an der Rolle liegt und nicht an der Darstellerin. Stacy Martin, die für mich schon die große Überraschung von Nymphomaniac war, bleibt hinter ihr zwar ein wenig zurück, ist aber genauso gut besetzt wie Jude Law als namenloser Manager.
 
Dann springt die Handlung 18 Jahre in die Zukunft und Celeste wird jetzt nicht mehr von Raffey Cassidy gespielt, sondern von Natalie Portman. Die beiden sehen sich zwar nicht im Geringsten ähnlich und Miss Portman wirkt auch permanent so, als hätte sie keinen Bock auf den Film (ein Eindruck, der sich im Interview im Bonusmaterial übrigens bestätigt), ist aber ebenfalls absolut in Ordnung. Was aber absolut nicht in Ordnung ist, ist, dass Raffey Cassidy jetzt Celestes Tochter Albertine spielt, während Stacy Martin immer noch Celestes Schwester Eleanor ist. Ab diesem Punkt hatte mich der Film komplett verloren, weil ich zuerst nicht mehr ganz verstehen konnte, wer jetzt wer ist, und warum ihre Schwester in den letzten 18 Jahren nicht gealtert ist. Die künstlerische Absicht (Spiegel ihrerselbst und so) ist leicht zu durchschauen, funktioniert hat es aber nicht.
 
Viel verpasst man ab diesem Zeitpunkt aber ohnehin nicht mehr. Während die erste Szene nach dem Zeitsprung noch so wirkt, als würde der Film wieder etwas Fahrt aufnehmen, folgen dann eigentlich nur noch mehr Gelaber und zum Schluss ein Konzert. Darin sehen wir Natalie Portman auf der Bühne ihre Songs performen. Vier Songs, mehr oder weniger von Anfang bis Ende, ohne tiefere Aussage oder Nebenhandlung. Da wurde SIA wohl vertraglich zugesichert, dass alle Songs, die sie für den Film schreibt, auch definitiv im Film landen werden.
 
Leider sind die Songs - im Gegensatz zu dem Meisterwerk Chandelier - keine allzu großen Würfe und weder Raffey Cassidy noch Natalie Portman sind herausragende Sängerinnen. So fügt sich auch der Soundtrack in die Liste der Dinge ein, die für sich betrachtet nicht tragisch wären, im Kombination aber aus einer guten Idee einen schlechten Film machen.
 

Bildergalerie von VOX LUX (5 Bilder)

Details der Blu-ray:
 
Optisch macht VOX LUX absolut was her. Gerade in den musikalischen Sequenzen funkelt, glitzert und blinkt es, und die Blu-ray macht alles brav mit. Es gibt keine Artefakte oder Rauschen, lediglich Epileptiker sollten bei einigen Szenen vielleicht vorsichtig sein. Auch der Ton macht Spaß und Musik, Effekte und Dialog füllen den Raum gut aus. Dies gilt für die deutsche Sprachfassung genauso wie für den englischen O-Ton. An Bonusmaterial liefert die Scheibe zwei Interviews (auf die weder Natalie Portman noch Brady Corbet anscheinend Bock hatten) und Trailer.


Cover & Bilder © Koch Films GmbH / Szenenfotos: Atsushi Nishijima


Das Fazit von: Dan DeMento

Dan DeMento

 

VOX LUX könnte ein großartiger Film sein, schafft es aber leider nicht. Zu viele Fehler in Inszenierung, Schnitt und vor allem in der Besetzung reißen einen einfach einmal zu oft aus dem Film heraus. Schade!


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