Against all Enemies

Against all Enemies

Originaltitel: Seberg
Genre: Thriller
Regie: Benedict Andrews
Hauptdarsteller: Kristen Stewart
Laufzeit: DVD (99 Min) • BD (103 Min)
Label: EuroVideo / Prokino
FSK 12

Against all Enemies   19.01.2021 von Dan DeMento

Die Schauspielerin Jean Seberg wurde mit ihrer Rolle in Jean-Luc Godards Außer Atem quasi über Nacht zur Legende und schaffte so den Sprung nach Hollywood. Dort engagierte sie sich für die gerade entstehende Black-Power-Bewegung, was zu einer Beobachtung durch das FBI und ihrem rätselhaften Selbstmord 10 Jahre später führte. Im Thriller Against all Enemies schlüpft jetzt Kristen Stewart in die Rolle der ikonischen Schauspielerin und wir haben überprüft ob sie neben der Frisur auch die einzigartige Ausstrahlung von Jean Seberg auf die Leinwand bringen konnte.
 
Inhalt:
 
1968 ist die Schauspielerin Jean Seberg (Kristen Stewart) in Europa längst ein Star und fliegt gerade für Dreharbeiten von Paris nach Los Angeles, als sie im Flugzeug den charismatischen Bürgerrechtler Hakim Jamal (Anthony Mackie) kennenlernt. Überzeugt von der Sache unterstützt sie ihn und die Black Panther Party öffentlichkeitswirksam und beginnt nebenbei auch eine Affäre mit Jamal. Ihr Engagement führt dazu, dass der junge FBI-Agent Jack Solomon (Jack O'Connell) auf sie angesetzt wird. Als Sebergs Popularität in den USA immer weiter steigt, beginnt das FBI eine Schmutzkampagne gegen sie und macht unter anderem ihre Affäre öffentlich. Während Jack Solomon immer mehr Zweifel an den Methoden seiner Behörde kommen, verfängt Seberg sich in einem Strudel aus Paranoia, Alkohol- und Drogenabhängigkeit und politischem Druck...
 
Twilight ist wohl nicht der beste Weg, in eine Filmkarriere zu starten. Und auch wenn Kristen Stewart vorher schon in 18 Spielfilmen, darunter Blockbuster wie Panic Room, Jumper oder Into the Wild mitspielte, ist es definitiv ihre Rolle als Bella Swan, auf die sie am meisten reduziert wird. "Reduziert" ist auch das Wort, das ihre Mimik am besten beschreibt, was über die Jahre zu einem regelrechten Stewart-Bashing führte. Während ihr Kollege Robert Pattinson die Zeit nach seiner Vampirrolle dazu nutzte - laut eigener Aussage - möglichst kaputte Rollen zu spielen, was er in Filmen wie The Rover oder Der Leuchtturm auch eindrucksvoll schaffte, ging Stewart eher auf Nummer sicher. Rollen wie Schneewittchen in Snow White and the Huntsman oder als Kifferin in American Ultra kamen ihrem minimalistischen Minenspiel durchaus entgegen, funktionierten aber auch deshalb sehr gut.
 
Und auch die Darstellung von Jean Seberg in Against all Enemies kann man durchaus als geglücktes Experiment betrachten. Kristen Stewart lässt viele typische Gesten und Eigenheiten der Schauspielerin in ihr eigenes Spiel einfließen, ohne wie ein Abziehbild zu wirken. Stattdessen ist sie so sympathisch und nahbar wie in ihrer bisherigen Karriere - und ihren öffentlichen Auftritten sowieso - noch nie. Nicht ganz zu Unrecht wird Against all Enemies als bisheriger Höhepunkt in Stewarts Schaffen betrachtet. Doch auch wenn Kristen Stewart den Film über große Strecken alleine trägt, wurde auch bei der Wahl ihrer Co-Stars alles richtiggemacht. Jack O’Connell, den man hauptsächlich aus der Serie Skins oder Angelina Jolies Unbroken kennen dürfte spielt den von Gewissensbissen geplagten FBI-Agenten mit einer Authentizität und Leichtigkeit, mit der er seine beiden altgedienten Kollegen Vince Vaughn und Colm Meaney locker an die Wand spielt. Das heimliche Highlight des Films ist aber Anthony Mackie als Bürgerrechtler Hakim Jamal. Von der ersten Sekunde an strahlt er eine Präsenz und ein Charisma aus, das einen nicht loslässt, und von dem er als Falcon in den Avengers-Filmen bisher eher weniger zeigen konnte. So trägt diese erstklassige Schauspielerriege den Film auch über ein paar kleinere Schwächen locker hinweg.
 
Denn obwohl der Film sich sehr nah an der Realität orientiert, wurden trotzdem einige Aspekte gestrafft und umgestellt, was dem Fluss der Handlung meistens sehr gut tut, manchmal aber auch ein leichtes Stirnrunzeln verursacht. Im ersten Drittel plätschert Against all Enemies noch relativ seicht vor sich hin, bevor dann - spätestens ab dem Bekanntwerden der Affäre - das Tempo und der Spannungsgrad gewaltig anziehen. Doch leider währt diese Freude nur kurz, denn je mehr Jean Seberg in die Paranoia abdriftet, umso knapper schrammt Kristen Stewart am Overacting (Ja, tatsächlich!) vorbei und desto mehr häufen sich Szenen, die man genauso schon in zwanzig anderen Verschwörungsthrillern gesehen hat. Doch auch da gibt es Ausnahmen, so ist eine Szene mit einer fehlgeschlagenen Überwachung eines Hotelzimmers so spannend inszeniert, dass sie auch lange Zeit später noch in Erinnerung bleibt.
 
Denn neben einem zu großen Teilen sehr guten Drehbuchs, wo die Wechsel zwischen den beiden Hauptfiguren Jean Seberg und dem FBI-Agenten Jack Solomon absolut geschmeidig verlaufen und beiden Figuren und Handlungssträngen genug Zeit geben, zeichnet Against all Enemies vor allem eines aus: Die Kameraarbeit von Oscarpreisträgerin Rachel Morrison, die jede Szene des Films zu etwas Besonderem macht, ohne jemals aufdringlich zu wirken. Vielmehr schafft sie es, den Zuschauer über die gesamte Dauer des Films in seinem Bann zu halten und besonders eine Szene, in der zwei Frauen sich in den verspiegelten Fenstern eines Überwachungs-Transporters schminken, ist ein Meisterwerk der Lichtsetzung und Perspektive. Allein aus künstlerischer Sicht lohnt es sich also, einen Blick auf Against all Enemies zu werfen.
 
Wer sich ein wenig mit dem mysteriösen Ableben von Jean Seberg und ihrem plötzlichen Absturz in den Jahren zuvor beschäftigt hat, für den stellt Against all Enemies eine spannende Aufbereitung ihrer prägenden Jahre dar, doch auch für Zuschauer, die noch nie etwas von der Schauspielerin gehört haben, ist der Film ein spannender Polit-Thriller, mit dem man auf jeden Fall nichts falsch macht.
 

Bildergalerie von Against all Enemies (4 Bilder)

Details der Blu-ray:
 
Bild und Ton geben keinerlei Anlass zur Kritik und auch die deutsche Synchronfassung ist bis auf eine Ausnahme - die Stimme von Phillip Moog passt hervorragend zu Ewan McGregor oder Neil Patrick Harris, aber nicht so gut zu einem fast 60jährigen französischen Autor - sehr hochwertig und mit den bekannten deutschen Stimmen der Darsteller besetzt. Auch das Bonusmaterial macht Spaß, so gibt es hier einige Szenen aus dem Klassiker Außer Atem, durch die das Spiel von Jean Seberg der Interpretation von Kristen Stewart entgegengestellt wird, außerdem ein Interview mit der Hauptdarstellerin und den Trailer des Films.


Cover & Bilder © EuroVideo Medien GmbH. Alle Rechte vorbehalten. / Courtesy of Amazon Studios


Das Fazit von: Dan DeMento

Dan DeMento

Against all Enemies ist ein über den Großteil der Laufzeit spannender, und durchgehend sehr unterhaltsamer Thriller, sowohl für Kenner der Materie als auch für komplett unbedarfte Zuschauer. Denen entgehen vielleicht ein, zwei Anspielungen auf Jean Seberg und ihre Filme - so wird Westwärts zieht der Wind mit Clint Eastwood und Lee Marvin beiläufig als lächerliches Western-Musical bezeichnet - dem Filmgenuss per se tut das aber keinen Abbruch. Man könnte auf sehr hohem Niveau ein bisschen jammern, so sind die Paranoia-Szenen halt so, wie sie immer sind, inklusive Zerlegen der eigenen Wohnung und Anbrüllen von schweigenden Telefonhöhrern, und das Ende des Films ist vielleicht nicht ganz optimal gewählt, alles in allem ist Against all Enemies aber absolut sehenswert und bietet auf jeden Fall einen spannenden Thriller-Abend.


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