Der Mann ohne Furcht

Der Mann ohne Furcht

Originaltitel: Jubal
Genre: Westerndrama
Regie: Delmer Daves
Hauptdarsteller: Glenn Ford
Laufzeit: BD (101 Min)
Label: Koch Films GmbH
FSK 16

Der Mann ohne Furcht   11.11.2021 von Michael Rothe

Das Westernklischee ist etwas schönes: da gibt’s Cowboys, Indianer, meist eine spannende Fehde zwischen beiden, also auch jede Menge rauchender Colts und zahlreiche johlende Kampfschreie neben Federpracht und fliegenden Hüten. Da der Wilde Westen aber nicht immer so testosterongesteuert und spektakulär war, gibt es zum Glück auch andere Western, und denen sollte auch ein gewisses Augenmerk zustehen…


Inhalt

 

Jubal Troop (Glenn Ford) stolpert völlig erschöpft dem Rancher Shep Horgan (Ernest Borgnine) vor die Füße. Dieser bietet ihm einen Schlafplatz, Essen und eine Stelle als Ranchhelfer an. Seine Arbeit macht er aber so gut, dass Shep ihn zum Vorarbeiter macht. Das passt Pinky (Rod Steiger) nicht, der diesen Posten haben wollte. Bei Sheps Frau Mae (Valerie French), die ein Auge auf Jubal geworfen hat, aber abblitzt, kehrt sich die Begeisterung ebenfalls ins Gegenteil. Daher steht recht bald das Schicksal Jubals fest, er muss weg…

 

Die Geschichte (Unbekannter kommt in eine Stadt und alles ändert sich) war so, wie sie damals verfilmt wurde, sicher auch nicht unbedingt wirklich neu, aber die Herangehensweise ist es auf jeden Fall. Wo sonst weite Landschaften dominieren, „Weiße siegen über barbarische Indianer“ und grenzenlose Freiheit regieren, ist das zum Glück gar nicht der Fall. Der Film ist zwar noch weit von heute durchaus gängigen „Antiwestern“ entfernt, aber es geht schon in eine Richtung, die ich gerade für 1956 sehr beachtlich finde.

 

Hier wurden schon recht fortschrittlich Sachen thematisiert und kritisiert, die in den 50ern alles andere als üblich waren. Da gibt es eine Frau, die aus dem üblichen, ihr aufgedrückten Schema ausbrechen will, keinen vor Testosteron überschäumenden Helden, sondern stattdessen einen gemäßigten, gefühlsbetonten, realistischen Menschen und Schießereien sind hier auch nicht gut für den Ruf, sondern eher negativ behaftet.

 

Das ist eine unerwartete und willkommene Abwechslung und wie schon geschrieben, gerade für die 50er absolut beachtlich. Dadurch wird hier das Westernmotiv komplett demontiert und der Wilde Westen entmystifiziert und entglorifiziert. Dieser Film geht sogar so weit, die Hauptfigur über seine Gefühle reden und sich Fehler eingestehen zu lassen. Das lässt einen kurzzeitig dann doch mit offenem Mund dasitzen, weil man, leider auch anhand des deutschen Titels, etwas völlig anderes erwartet hat. Der Mann ohne Furcht ist generell nicht falsch gewählt, aber liest sich viel zu reißerisch für einen eher gemäßigten, realitätsnahen und oberflächlich psychologischen Western und schürt völlig falsche Erwartungen.

 

Darstellerisch gibt’s nichts zu meckern. Die Hauptfiguren werden recht glaubhaft dargestellt, die weiblichen wie damals üblich mit einem leichten Hang zur Übertreibung und Theatralik. Das passt aber sehr gut zum Zeitgeist des Films trotz seiner eher gegen den Strom schwimmenden Art und Geschichte. So kommt die Botschaft, dass hier einiges anders läuft, definitiv auch an.

 

Musikalisch dudelt eine recht fröhlich anmutende Melodie zu dem vielfältigen Geschehen, die schon sehr in der Tradition größerer Western steht. Ins Gesamtgeschehen fügt sie sich hervorragend ein.

 

Details zur Blu-ray

 

Der Film hat jetzt 65 Jahre auf dem Buckel. Natürlich sieht man ihm das an, aber der ist durchaus gut gealtert und aufgearbeitet worden. Die Farben sind recht satt, aber nicht ganz so aufdringlich wie üblich. Das schmeichelt der etwas kritischeren Thematik absolut und lässt diesbezüglich eher keine Wünsche offen. In dunkleren Szenen gibt es auch ordentliches Filmkorn, aber das bei einem Film diesen Alters wegzubügeln, wäre ein Sakrileg. Einige Nachbearbeitungen, vor allem im Himmel sind sichtbar, weil die Wolken dunkle Ränder haben. Man hat halt versucht, wirklich viel aus dem Filmmaterial herauszuholen und das sehe ich als gelungen an.

 

Der Ton ist wie für dieses Alter üblich etwas heller und die Stimmen teilweise etwas „quäkend“. Mich stört das auf keinen Fall, weil ich auch hier denke, dass man ruhig hören kann, wie alt der Film ist. Mit der Beimischung gewisser Tiefen hat man es aber geschafft, das Gesamtklangbild ordentlich abzurunden und es dem Bild in nichts nachstehen zu lassen.



Cover & Bilder © Koch Films GmbH


Das Fazit von: Michael Rothe

Michael Rothe

So sehr ich die üblichen Western mag, so sehr schätze ich aber auch Ausbrüche aus diesen Schemata. Das sehe ich hier rundum als gelungen an. Thematisch hebt sich der Film definitiv von der Masse ab, seine Figuren teilweise und vor allem sein Hauptcharakter ebenso. Es gibt im Film nur eine einzige wirkliche Schießerei und selbst die läuft nicht so ab, wie man das kennt. Ein wirklich tiefschürfendes Werk darf man hier trotzdem nicht erwarten. Die Psychologie kratzt eher an der Oberfläche herum, die Demontage des Westernmythos funktioniert und punktet aber. Für die Allgemeinheit würde ich diesen etwas anderen Western als 7/10 einschätzen, für mich persönlich kratzt der schon fast an der 8/10.


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